3…2…1… Ganz Stuttgart hasst die Polizei

„Das taktische Konzept der Polizei wird sich weiterhin an Fakten orientieren, und dieses werden wir professionell umsetzen“. So wurde Markus Eisenbraun, seines Zeichens Stuttgarter Polizeipräsident, am 15.11.2023 in den Stuttgarter Nachrichten zitiert. Mit dieser Aussage im Hinterkopf möchten wir einige Geschehnisse der vergangenen Monate sowie darauf bezogene Spruchbänder unserer Gruppe einordnen.

 Im Sommer diesen Jahres machte die Polizei deutschlandweit rund um verschiedene Bundesliga-Partien mit fragwürdigen Aktionen auf sich aufmerksam:

Diese Vorfälle, welche sich in kürzester Zeit ereigneten, sowie der fragwürdige Freispruch des baden-württembergischen Inspekteur der Polizei (https://taz.de/Noetigungsverfahren-gegen-Polizeichef/!5944668/ ) bildeten die Grundlage für unser Spruchband beim Heimspiel gegen den SC Freiburg. Infolgedessen wurde uns vom VfB, auf „freundliches Anraten“ der Stuttgarter Polizei, eine Anmeldepflicht für die nächsten 3 Spiele für jegliche Spruchbandaktionen auferlegt. Die Zeile „Fick die Polizei“ schien offenbar einige ungute Gefühle bei den Beamten ausgelöst zu haben. In den folgenden Spielen sollten nun also die Verantwortlichen des VfB entscheiden, mit welchem Spruchband wir der Stuttgarter Polizei auf den Schlips treten könnten (womit der VfB verantwortlich gemacht werden würde) und mit welchen nicht. So kam es, dass wir eine humoristische Aufarbeitung des Falles des Penisbilder-verschickenden Polizeiinspekteurs nicht präsentieren durften, da der VfB etwaige Konsequenzen befürchten musste.

Auch im Stuttgarter Süden fühlte sich die Polizei berufen, einzugreifen. Eine im B-Block angebrachte Fahne, welche bereits mehrere Spiele zu sehen war, stieß den Beamten plötzlich sauer auf. Durch einen Einstieg in den Materialraum der Stuttgarter Kickers machten sie sich diese Fahne zu eigen (https://bb95.de/stellungnahme-zum-spiel-gegen-astoria-walldorf/). Grund hierfür war eine gemalte Zahlenkombination, welche es seit Jahren in den Kurven in ganz Deutschland gibt und sogar von der Bundespolizei in der dazu passenden Buchstabenkombination als Werbeslogan genutzt wird. (https://www.rnd.de/panorama/acab-bundespolizei-intepretiert-parole-fuer-werbezwecke-um-EMSN6CNQ75H63FKN6W5MWTZ5WM.html). Die Stuttgarter Polizei befürchtete jedoch durch eine kleine Fahne eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung.

Unsere laufenden Spruchbandauflagen überbrückten wir derweil mit einem Countdown, welcher die betreffenden 3 Heimspiele herunterzählte und schlossen diesen beim vergangenen Heimspiel gegen den BVB mit einem „Ganz Stuttgart hasst die Polizei“ ab. Die Vorfälle vor dem Spiel setzten ein dickes, imaginäres Ausrufzeichen hinter die Aktion.

Dass es im Nachgang der Vorfälle jemand wagte, den Angaben der Polizei öffentlich zu widersprechen, empfand die Stuttgarter Polizei als Affront. Öffentlichkeitswirksam kündigte die Stuttgarter Polizei daraufhin die sogenannte Stadionallianz auf. Dies bedeutet, dass die Stuttgarter Polizei die Kommunikation mit dem VfB auf ein Mindestmaß reduzieren wird. Wie die Zusammenarbeit zwischen VfB, Stadt und Polizei in Zukunft ablaufen wird, weiß derzeit niemand.

Wird von Seiten der Stuttgarter Polizei wirklich ein taktisches Konzept anhand von Fakten erstellt und professionell umgesetzt? Die beschriebenen Vorfälle lassen große Zweifel an der Aussage des Stuttgarter Polizeipräsidenten aufkommen.

Vielmehr entsteht der Eindruck, dass es der Stuttgarter Polizei um ihre Befindlichkeiten und die Wahrung der eigenen Interessen zu gehen scheint. Ihnen sind polizeikritische Spruchbänder und die Thematisierung des Falls „Renner“ in der Cannstatter Kurve (und mittlerweile auch in Degerloch) ein Dorn im Auge. Das Ausleben der Meinungsfreiheit im Stadion stößt der Polizei sauer auf und führt in der Praxis zu verhängten Auflagen oder dem Entwenden von Eigentum. Wer seine Meinung gegenüber der Presse äußert, muss damit rechnen, dass nicht mehr mit ihm gesprochen wird. Eine kritische Stellungnahme der Fanszene wird von der Polizei in eine „persönliche Diffamierung des Einsatzleiters“ verdreht.

Klar ist: Eine Polizei, deren Interesse es ist, mit Hilfe eines taktischen Konzepts professionell zu deeskalieren und einen ruhigen Ablauf eines Spieltags zu gewährleisten, handelt nicht in dieser Art und Weise. Wie sich das Verhalten der Stuttgarter Polizei auf die Atmosphäre rund um die kommenden Heimspiele auswirken wird, wird sich zeigen. Sicher ist nur, dass sich das Verhältnis zwischen der Stuttgarter Polizei und einer meinungsstarken Subkultur aktuell nicht verbessern wird.

Schwaben Kompanie Stuttgart 2006